Empfohlene Voraussetzungen zum besseren Verständnis:
- Grundlagen zur Bibelauslegung:
- Typische Fehler bei problematischer Bibelauslegung:
Das Ende der Geistesgaben?
1. Korinther 13,10
Wenn aber das Vollkommene (die Bibel) kommt, wird das, was stückweise ist, weggetan werden.
Einleitung
Mit diesem Satz wird oft versucht zu begründen, dass mit dem Abschluss der Bibel (das Vollkommene) die Geistesgabe der Prophetie überflüssig geworden ist und aufgehört hat. Ich frage mich: Erlaubt es der Zusammenhang diesen Satz so zu verstehen?
Dabei ergeben sich mehrere weitere Fragen, um das schrittweise zu konkretisieren:
- Meint der Zusammenhang mit
das Vollkommene
die Bibel? - Wann und von wem wurde die Vollständigkeit der Bibel festgelegt oder festgestellt?
- Welche Form der Prophetie ist hier im Text gemeint? Schließlich kennt die Bibel Prophetie im engeren Sinn und in der erweiterten Form!
- Angenommen die
Prophetie wurde weggetan
. Sie hat also aufgehört? Dann muss sich dasAufhören
auch auf die anderen Geistesgaben (Sprachen und Erkenntnis) beziehen? Sie werden ja im gleichen Satz und Atemzug genannt?
Schauen wir uns den Bibeltext einfach an, ohne ihn aus dem Zusammenhang zu reißen. Allein dadurch wird schon einiges deutlich klarer und die meisten Fragen beantworten sich fast von selbst:
Vers 10 im Zusammenhang des Kapitels
Parallelstellen
Abschnitt: -
- Mt 17,20; Gal 5,6;
- 1.Kor 8,1; Jak 4,16;
- Röm 13,10; 1Kor 10,24;
- Off 22,4;
Wenn ich in den SprachenA der Menschen und der Engel rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel.
2 Und wenn ich WeissagungB habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß, und wenn ich allen Glauben habe, so dass ich Berge versetze, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts.a
3 Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeile und wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich Ruhm gewinneC, aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts.
4 Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig, sie neidet nichtD, die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, b
5 sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zuE,c
6 sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit;, sondern sie freut sich mit der Wahrheit,
7 sie erträgt allesF, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.
8 Die Liebe vergeht niemals; seien es aber WeissagungenG, sie werden weggetan werden; seien es SprachenH, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden.
9 Denn wir erkennen stückweise, und wir weissagenIstückweise;
10 wenn aber das Vollkommene kommt, wird das, was stückweise ist, weggetan werden.
11 Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind, urteilte wie ein Kind; als ich ein Mann wurde, tat ich weg, was kindlich war.
12 Denn wir sehen jetzt mittels eines SpiegelsJ undeutlichK, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennenL, wie auch ich erkannt worden bin.d
13 Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die GrößteM aber von diesen ist die Liebe.
sprachliche Erläuterungen
- o. Zungen
- o. Prophetie, Prophetengabe
- mit anderen Handschr.: verbrannt werde
- o. ist nicht eifersüchtig
- o. Denkt nichts Böses
- o. Deckt alles zu
- o. Prophetengaben
- o. Zungen
- o. prophezeien; wie Kap. 14,1-5;
- Der Spiegel des Altertums bestand aus einer blanken Metallscheibe und gab nur ein undeutliches Bild wieder.
- o. im Rätsel
- o. vollständig o. genau erkennen (ein stärkeres Wort als vorher)
- o. größer
Auslegung
- Zur 1. Frage: Warum sollte hier mit
das Vollkommene
die Bibel gemeint sein, wo doch nicht der geringste sprachliche Hinweis auf das Wort Gottes in dem ganzen Abschnitt enthalten ist?
Ist es nicht viel näher liegend, dass mitdas Vollkommene
das Hauptthema dieses Abschnitsdie vollkommene Liebe
gemeint ist? Muß dann das Ende der genannten Gaben nicht noch in der Zukunft liegen? Es handelt sich hier um einen Wort-Bedeutungs-Fehler (WBF)! - Zur 2. Frage: Nach Aussage der Befürworter dieser Auslegung endete die Prophetie mit dem Tod der Apostel. Unabhängig davon ob wir den engeren oder weiteren Kreis der Apostel verwenden war der biblische Kanon erst ca. 400 n. Chr. klar bzw. abgeschlossen. Dadurch entsteht eine zeitliche Diskrepanz von knapp 300 Jahren (120-400). Die Argumentation ist also sachlich nicht haltbar. Es handelt sich hier um einen Ort-Kontext-Fehler (OKF)!
- Zur 3. Frage: Diese typische Auslegung bezieht des Ende der Prophetie entweder nur auf die spezielle Form der Zeitweissagung oder Vorausschau. Sie ignoriert dabei aber, dass das hier sprachlich nicht angemessen ist. Und dass die allgemeine Form der Prophetie noch ganz andere Aspekte enthält. Diese sind aber heute nocht sichtbar in der Gemeinde. Die Auslegung erzeugt also einen offensichtlichen Widerspruch.
- Zur 4. Frage: Das wird für die
Sprachen
von den Verfechtern dieser Auslegung noch klar unterstützt. DieErkenntnis
nehmen sie aber schon aus. Damit ist spätestens an dieser Stelle die Auslegung in sich nicht mehr schlüssig. Und allein darum schon als methodisch inkonsequent in Frage zu stellen! Denn ohne Erkenntnis ist es nicht möglich zur Spündeneinsicht zu gelangen und eine Umkehr zu Gott wäre ebenso unmöglich. Es handelt sich hier um einen Ort-Kontext-Fehler (OKF)! - Die oben genannte Interpretation dieses Verses vergißt die Funktion und Notwendigkeit der Prophetie. Die Aufgabe der Prophetie besteht bis zum Abschluss des Erlösungswerkes. Hier wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Vermutlich nur um falschen Propheten nicht sachlich entgegen treten zu müssen. Sie bemerken nicht, dass sie damit das Kind mit dem Bade ausschütten.
Die viel biblischere Auslegung ist: Bei oder nach der Wiederkunft Jesu und beim Abschluss des Erlösungsgeschehens endet die Notwendigkeit aller Geistesgaben. Es sind nur noch Erlöste übrig. Die vollkommene Liebe erfüllt alle Lebenden. Es gibt keinen anderen denkbaren Zeitpunkt für dieses Ereignis! Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt worden bin.
Wir werden erst in de Ewigkeit Gott vollständig erkennen
und nicht durch die Bibel. Denn sonst gäbe es die unterschiedlichen Meinungen und Irrlehren nicht! Denn die schrägsten Meinungen sind angeblich alle mit der Bibel begründet!
Vertiefung
Zur Vertiefung Bibelarbeit empfehlen wir folgende Artikel:
- Allgemeine Einleitungsfragen
- Grundlagen zur Bibelauslegung:
- Biblische Hermeneutik
- Kanon I
- Kanon II
- Typische Fehler bei der Bibelauslegung sind: