Empfohlene Voraussetzungen zum besseren Verständnis:
Zur Vorbereitung der Bibelarbeit empfehlen wir folgende Artikel:
- Allgemeine Einleitungsfragen
- Grundlagen zur Bibelauslegung:
- Biblische Hermeneutik
- Kanon
- Typische Fehler bei der Bibelauslegung sind:
Das siebenfache Blut Jesu
Einleitung
Durch einen FB-Post wurde ich auf den folgenden Text von Derek Prince aufmerksam. Ich gebe den Text hier vorläufig am Stück wieder. Der Kommentar folgt. Die Struktur meiner Anmerkungen soll später noch überarbeitet werden.
Das Zitat
Heute ist Jom Kippur, der große Versöhnungstag. Er wird auch als Sühnetag bezeichnet. Das Thema „Sühne“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel. Sühne bedeutet, dass Gott und der Sünder in eine Beziehung gebracht werden, in der sie „eins sind“. Ein für unsere Zeit etwas geläufigeres Wort wäre „Versöhnung“. Durch das Kreuz werden Gott und der Sünder miteinander „versöhnt“.
Der wichtigste Tag im Kalender des Volkes Gottes war und ist der Sühnetag. Nur an diesem Tag ging der Hohepriester ins Allerheiligste und zwar mit dem Blut der Opfer, das die Sünden Israels für ein weiteres Jahr zudeckte.
„Und [der Hohepriester] soll etwas vom Blut des Stieres nehmen und es mit seinem Finger gegen den Gnadenthron sprengen; vor den Gnadenthron aber soll er siebenmal mit seinem Finger von dem Blut sprengen.“ (3Mo 16,14)
Nur das Blut allein konnte eine Sühne für die Sünden des Volkes Gottes bewirken und es musste in die Gegenwart des allmächtigen Gottes im Allerheiligsten gebracht werden. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Blut genau sieben Mal versprengt wurde. Diese Zahl ist kein Zufall, weil die Zahl „7“ in der Bibel auf das Werk des Heiligen Geistes hinweist. Die „7“ ist außerdem die Zahl der Vollkommenheit oder Perfektion. Diese Vorschrift fand später ihre exakte prophetische Erfüllung darin, wie Jesus sein Blut auf dem Weg zum Kreuz und am Kreuz vergoss. Sein Blut wurde genau sieben Mal vergossen – erst dann war das Opfer vollendet.
In den folgenden Schritten goss er buchstäblich seine Seele im Tod aus:
- Sein Schweiß verwandelte sich in Blut (vgl. Lk 22,44)
- Man schlug ihm mit Fäusten und Stöcken ins Gesicht (vgl. Lk 22,63-64)
- Man peitschte ihn mit einer römischen Geißel aus (vgl. Lk 18,33)
- Man riss ihm den Bart aus (vgl. Jes 50,6)
- Man drückte ihm eine Dornenkrone in die Kopfhaut (vgl. Mt 27,29)
- Man durchbohrte ihn mit Nägeln an Händen und Füßen (vgl. Joh 20,25)
- Man durchbohrte seine Seite mit einem Speer (vgl. Joh 19,34)
Danke Jesus für dein Blut. Ich proklamiere, dass Jesu vollendetes Werk am Kreuz meine Sünden weggenommen hat. Amen.
Kritischer Kommentar
Dieser Text wirk recht fromm und eingängig. Viele würden der Aussage zustimmen. Und zwar ohne zu zögern. Aber ist das gerechtfertigt? Ich sage Nein!
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Begründung
Zum ersten Abschnitt
Der erste Abschnitt ist noch OK. Es feheln die Bibelstellen. Diese könnte man ergänzen. Dann wären die Zusammenhänge klarer.
Zum zweiten Abschnitt
Der letzte Teilsatz ist schon falsch. Die Zeitform von 3. Mose 16,16 in Bezug auf die Schuls Israels ist (vollendete) Vergangenheit. Das Blut der bisherigen Opfer hat symbolisch die vergangene Schuld auf das Heiligtum übertragen. Wer den Verselbst liest, erkennt das direkt.
Zum dritten Abschnitt
Hier geht es um eine symbolische Handlung. In ihr kommt die Zahl sieben wirklich vor. ABER diese sieben zählt nur eine der Handlungen des Hohepriesters. Es gibt noch mehrere andere Aufträge mit dem Blut. Diese werden vollständig ignoriert. Aber sie gehören auch in diesen Zusammenhang!
Wer ein paar Verse aus dem Zusammenhang davor und danach liest, kann das leicht nachprüfen!
- Es werden mehrere Tiere geopfert (Stier & Bock).
- Das Blut wird zuerst (einmal) auf den Gnadenstuhl gesprengt und anschließend siebenmal auf den Boden davor. Summe = ACHT – nicht sieben!
- Dasselbe geschieht mit dem Blut des Bockes in der gleichen Weise. Das ergibt wieder ACHT Blutspritzer.
- Zusammen sind das also schon hier 16-fach gesprengtes Blut.
- Dabei sind die Handlungen mit dem Opferaltar noch nicht mit einbezogen: siehe 3. Mose 16,18. Dort kommen noch die vier Hörner des Altars mit dem Blut von Stier und Bock in Berührung (+4*2=8).
- Insgesamt kommt man damit auf 3*8=24. Hier wäre auch eine Symbolik von 2*12 in Anlehnung an die 24 Ältesten aus der Offenbarung hineinmanipulierbar. Aber nichts davon ist in der Bibel beabsichtigt.
Die einen SIEBEN aufzugreifen paßt nicht. Der Zusammenhang klärt das. Es gibt viel mehr Blutspritzer. Die Zahlen und Handlungen bleiben symbolisch. Sie sind darum eben nicht zählber. Schon gar nicht magisch-prophetisch. Das gibt das NT nicht her!
Zur Aufzählung
- Der Bibeltext sagt, dass der Schweiß zu Boden fiel WIE Blut. Das ist also ein VERGLEICH. Damit fällt das aus der Zählung ganz sicher heraus!
In Gethsemane ist NICHT Jesu Blut zu Boden gefallen, sondern sein (Angst) Schweiß! Siehe → Lukas 22,44 Ich habe es nachgeschaut und gebe Euch später auch das Bild aus der Interlinear-Übersetzung des NT von der Stelle: Im Griechischen steht absolut eindeutig das „wie“ / [Umschrift: (h)osei]. - Hier wird im Bibeltext nicht von Blut geredet! Es ist auch keineswegs zwingend, dass bei Schlägen ins Gesicht Blut fließt. Das ist frei erfunden! Außerdem war die Absicht hier die Demütigung. Das geht aus dem Zusammenhang hervor.
- Bei einer römischen Geißelung fließt Blut. Das ist üblich. Erster echter
Blutzähler
- Der Text lässt die Leseart zu, dass der Bart ausgerissen werden könnte. Aber es ist nicht die Hauptleseart. Etwas Derartiges wird auch NICHT im NT geschildert. Darum ist diese Leseart mehr als zweifelhaft. Hinzu kommt: Wenn ich mir Barthaare ausreiße, dann blutet das NICHT zwangsweise.
- Durch die Dornenkrone ist mit Blut zu rechnen. Zweiter echter
Blutzähler
- Hier werden VIER Wunden als eine Blutung gezählt. Das meint der Mann nicht ernst, wenn er vorher teilweise zweifelhafte Lappalien als Blutungen aufbauscht!
- Zu dem Zeitpunkt war Jesus bereits tot.
Zusammenfassung
Die Aufzählung ist künstlich zusammengestellt. Sie ist willkürlich und entbehrt der durchgängigen Logik. Außerdem gibt die Bibel keinen Anlass zu glauben, dass die verschiedenen Wunden irgendwie gezählt worden wären. Sie erhalten durch Zählung keine Bedeutung. Das Opfertier war beim Versprengen des Blutes in der Stiftshütte bereits tot. Das wird einfach ignoriert. Die Auslegung ist reine Willkür!
Hinzu kommt der eklatante Auslegungsfehler. Er darf keinem Bibelkenner jemals unterlaufen. Kein Deutschlehrer würde das durchgehen lassen! Solche Interpretationen sind komplett hinfällig! Ein Vergleich kann und darf nicht umgedeutet werden. Das Signalwort „WIE“ darf nicht übersehen werden.
Ich kann Jesus auch ohne einen derartigen „magischen Sermon“ für die Vergebung danken. Dazu bedarf es nicht einmal einer Proklamation. Es genügt Jesu Tat im Glauben anzunehmen. PUNKT!
Was hier geliefert wird ist theologisch-handwerklich schlampig. Es darf mit Wahrheit nicht mehr in Verbindung gebracht werden: Der Mann ist entweder ein nicht ernst zu nehmender Stümper oder ein Lügner. Denn er kann weder richtig die Bibel lesen noch ordentlich zählen.